Im Inneren der Bibliothek

Es war berauschend. Die hießige Bibliothek der Cross-Akademie. Überalll Bücher, alt, verstaubt, die Seiten vergilbt und die Buchrücken zerschlissen. Für die meisten Schüler ein Ort des Grauens und der Qual - sehr selten traf man hier tatsächlich ein Wesen an, welches seine rare Freizeit an solch einem Ort verbringen würde, doch Ausnahmen gab es in jeder Welt und Ciel Phantomhive war in jeglicher Hinsicht eine von ihnen.
Das sollte jedoch nicht heißen, dass der junge Graf die literarischen Werke in seinem eigenen Zimmer für trocken halten würde, nein, aber vorallem für einen belesenen Vampir war es eine freudige Abwechslung Neues zu entdecken und zu lernen. Außerdem hatte es auch etwas unheimlich entspannendes seine Nase zwischen ein paar Schmöckern zu vergraben, sich in einem der weichgepolsterten Samtsessel zurückzulehnen und für ein, zwei Stunden alles um sich herum zu vergessen. Gut, vielleicht nicht alles, aber in diesem kurzen Augenblick in dem Ciel eingetreten war und kurz darauf seine zarten, leichenblassen Finger über die Titel der dicken Wälzer fahren ließ, verdrängte er so einiges. Auch, dass heute der große Schulball anstand; er mochte solche Veranstaltungen nicht.

Nietzsche: Philosoph – Psychologe – Antichrist. Mit einer eleganten Handbewegung hatte der Vampir das Buch aus dem Regal gezogen. Eher aus Instinkt, der Graf war ein kleiner Philosoph aus Leidenschaft und Nietzsche's Auffassungen hatten ihn schon immer so interessiert, also warum nicht? Jetzt musste er nur noch . . . Ah, der Vampir hatte Glück! Die Sitzmöglichkeiten waren hier unter einem großen Fenster plaziert, das gegen den Osten ausgerichtet war und nur früh morgens die grellen Sonnenstrahlen durch die Glasscheibe ließ; jetzt, zur Zeit des späten Nachmittages war dies nichtmehr der Fall. In diesem Moment war es also dunkler in der Bibliothek, als sonst. Die Leuchter an der hohen Decke tauchten alles in ein weiches, gedimmtes Licht und erleichterten einem die Sicht ein wenig - zumindest für Menschen. Es war ruhig, totenstill. Außer Ciel schien kein einziges Wesen präsent zu sein, zu seinem Glück. So musste er sich mit niemanden rumschlagen und es fiel ihm auch um einiges leichter sich einfach zu setzten; nicht ständig darauf achten zu müssen, wie er dabei wirken mochte. Ein richtiger Glücksmoment und das Buch selbst mundete schon nach der allerersten Seite.

Keiner war hier. Jedenfalls sah er keinen als er durch die langen Regale der Bücher ging und die Abteilung mit den Märchenbücher suchte. Er mochte Bücher, die ein Happy End beinhalteten und Märchenbücher warum deshalb die beste Wahl. Schnell hatte er es gefunden, da er schon oft seine Zeit hier verbracht hatte. Schnell waren drei Bücher heraus gezogen und mit dem kleinen Stappel setzte er sich ans Ende des Regales, obwohl nicht weit von ihm ein paar Sitzgelegenheiten standen. Doch dort befand sich schon eine Person und vielleicht störte er ja oder so. Schnell hatte er es sich auf dem Boden, so fern ein Boden bequem sein kann, gemacht und schlug die erste Seite auf.

Geruch oder Geräusch - was war es zuerst gewesen, das Ciel verraten hatte, dass er sich nichtmehr alleine in dem großem Raum befand? Das halblaute Rascheln von Schritten oder dieser fremde Duft. Der Duft eines Menschen. Süßlich und anziehend, so sehr es wieder Ciel's Willen war konnte er nicht anders, er musste aufsehen. Und noch während er den Blick von der Seite abwandt, hatte er seine Antwort gefunden - es war das Geräusch gewesen.

Merkwürdig. Obwohl der junge Graf sogar seinen Kopf zur Seite gedreht hatte, konnte er niemanden erkennen. Dabei konnte er sich nicht geirrt haben, auf seine Sinne konnte er sich zu 100% verlassen. Weshalb also- . . . Sicherlich, wer wäre auch auf die Idee gekommen, dass jemand sich zum Lesen auf den Boden setzten würde? Nun, einen schien es da zumindest zu geben. Ein Junge, ein Schüler der Day-Class. Blond, blauäugig - und dieses Aroma . . . Wahrlich, hätte Ciel nicht einen solch großen Anstand und bindende Herrschaft über sich, würde er zu Gunsten seines Durstes sündigen. Und genau das widerte ihn so an; dass er so schnell angetan war von Menschen. Sie hatten doch sowieso nichts zu bieten - außer ihr Blut vielleicht - sie verdienten keine Aufmerksamkeit. Und je länger der Vampir darüber nachdachte, desto kränker machte es ihn, er konnte sich nichtmal mehr auf sein Buch konzentrieren. Es räusperte sich, überschlug die Beine, rieb sich mit Zeige- und Mittelfinger die Schläfe entlang und schloss die Augen - nichts half. Letztendlich schlug er sein Buch zu und legte müde seinen Kopf nach hinten, ein Gähnen konnte er gerade noch zurückhalten. Er schien kurz zu überlegen, dann richtete er sich plötzlich auf. Leise, anmutig, elegant bewegte der Earl sich. Rasch war er verschwunden, irgendwo zwischen den alten Holzregalen, wo er zunächst einmal sein Philosophiebuch zurücklegte und sich schnell nach leichterer Kost umsah. Wenn er sich schon nicht konzentrieren konnte, würde er wenigstens versuchen sich zu entspannen. Helfen sollte ihm dabei der kuriöse Titel Warum haben Panda's einen schwarzen Rücken. Man kann es glauben - oder nicht. Doch auch dieses Buch beschäftigte sich mit Philosophie - diesmal für Schüler; das erfuhr Ciel, als er sich gemäß zurück zu seinem Platz bewegte. Stets mit der Hoffnung wieder allein zu sein.

Die Person, die gerade noch auf einem der Sitze saß hatte sich bewegt. In der Bücherrei war es so leise gewesen, dass Reeyu seinen Kopf gehoben hatte und den Anwesenden einen Moment lang beobachtete, doch als dieser in den Regalen verschwand, verschwand auch das Interesse an ihm und der Junge sah wieder auf die Seiten des Buches. Den Schritten nach, war er bereits zurück gekehrt. Hatte wohl nur ein anderes Buch geholt. Mittlerweile wurde der Boden unbequem und er stand langsam auf. Mit Schritten die ihm verdammt laut vorkamen lief er auf Ciel zu und räusperte sich.

D-Darf ich mich zu dir setzten?

Warum er fragte? Aus Höflichkeit und Schüchternheit. Vielleicht war dem anderen seine Anwesenheit unangenehm aber der Boden war wirklich nicht sonderlich bequem. X__x Und Fragen kostete nichts. Eine nicht erfreuliche Antwort vielleicht aber wer weiß.

Ciel musste nichteinmal seinen Kopf heben um zu erfahren was ihm bevorstand. Er konnte es hören, die Schritte, in seine Richtung. Doch schon zuvor, kurz nachdem er sich gesetzt hatte, konnte er ein Rascheln vernehmen, das ihm die leise Vorahnung gab der blonde Junge auf dem Boden wollte endlich gehen, aber nein, er hatte sich lieber für eine Kamikaze Aktion endschieden und war zu Ciel gekommen. Mutig, törricht und völlig unnötig.

Mit einem dumpfen Schlag wurde das Buch geschlossen, jedoch nicht weggelegt. Langsam blickte Ciel auf. Seine Miene blieb dabei starr, abweißend und ausdruckslos; gleichzeitig könnte man meinen sein Blick wäre unzufrieden und überheblich - je nachdem wie man es interpretieren wollte. So oder so hätte selbst ein Blinder, selbst ein Mensch merken müssen, dass er unerwünscht sei. Doch selbst als Ciel seinen Gegenüber für einige Sekunden aphatisch und stummt angestarrt hatte, stand dieser immer noch wie ein zitterndes Lamm vor ihm. Eine treffende Beschreibung, da er ja gut sein Mittagessen hätte sein können. Ein ziehmlich schmackhaftes.

"Tu . . . was du nicht lassen kannst."

Eiskalt. Fast als hätte Ciel verlernt, wie man Gefühl in die Stimme brachte, hatte er geantwortet - sein britischer Akzent war nur kaum merklich herrausgeflossen -, seinen Blick dabei nicht von Reeyu abgewandt. Doch sein einziges Auge fuhr nicht auf und ab, er wollte sich kein Bild vom anderen machen, er fixierte sich einfach nur auf seine Augen.

Reeyu kam es so vor, als hätte er ewig auf eine Antwort warten müssen. Und dann, eiskalt ohne auch nur eine Gefühlsregung kam endlich die Antwort. Er war wohl doch unerwünscht, setzte sich jedoch trozdem, da er es ihm ja irgendwie erlaubt hatte. Die Blicke seines gegenüber machte ihn irgendwie nervös doch er versuchte sie zu ignorieren. Ausserdem kannte er den Kerl irgendwie nicht, also ging er nicht in die Day - Class. Kein Wunder. Die Night - Class war sowieso so seltsam. Was war an diesen Leuten eigentlich so toll? Waren doch auch ganz normale...Menschen. Schnell hatte er sich abgelenkt in dem er ein zweites Mal sein Buch aufschlug und die Seite suchte auf der er aufgehört hatte zu Lesen. Er beschloss die Blicke einfach zu ignorieren und sich mit dem Lesen zu beschäftigen so gut es ging. Er lies es sich nicht nehmen immer mal wieder nach oben zu gucken, senkte aber den Blick immer schnell wieder. Der Typ war irgendwie seltsam.

Es war unglaublich. Ciel konnte förmlich riechen, wie nervös der Junge war. Als hätte er Angst, als wäre ihm die ganze Situation so unangenehm, wie für den Vampir seine Anwesenheit. Gleichzeitig hatte es aber auch etwas amüsierendes an sich ein anderes Wesen in solch einem Zustand zu sehen, selbst, wenn der Blonde im Grunde genauso uninteressant wie alle anderen hier war. Sollte jetzt natürlich nicht heißen, dass Ciel sich je für jemanden interessieren würde. Was dagegen seine Instinkte bewirkten konnte er ja nicht steuern. Der Direktor war selbst Schuld, wenn er die Vampire hier mit diesen widerlichen Tabletten fütterte und nebenbei solche Menschen wie den Kleinen frei rumliefen ließen. Ein Wunder eigentlich, dass nicht mehr 'Unfälle' passierten. Andererseits sollte es wohl besser so bleiben - Ciel würde es nicht ändern wollen.
Stattdessen erheiterte er sich noch ein wenig an seinem neuen 'Spielzeug'. Eine hässliche Art die Langeweile zu vertreiben, aber was scherrte es den jungen Grafen schon. Sein Gegenüber schien nicht gerade das zu sein, was man eine Respektperson nannte, schon allein von seinem Äußeren her. Nicht, dass es ungepflegt wirkte, nein, es hatte nunmal einfach keinen elitären Status, also was sprach dagegen? Ja, nichts - die Logik der Reichen und Adeligen . . .

Mit einer raschen Bewegung der Hand strich Ciel sich das Ponny mit seiner freien Hand aus dem Gesicht, es hatte ihn zwar nicht gestört, brachte seinen durchdringlichen Blick jedoch nicht so sehr zur Geltung, wie beabsichtigt. Als könnte er mit diesem Augen direkt in die Seele blicken, darin zu lesen.

"Du könntest dich bedanken, meinst du nicht?"

Tonlos, aber bestimmt. Die Frage war genau genommen keine Frage gewesen, eher eine indirekte Aufforderung. Ein Befehl.

Die Worte des anderen rissen ihn aus seinem Buch und er sah unsicher hoch. Bedanken? Er sollte sich bedanken? Achso, weil er sich gesetzt hatte. Ein Moment starrte er den anderen entgeistert an und suchte nach irgendwelchen Worten, bis er schießlich und unsicher ein leises ...

Oh..ehm..Entschuldigung und...danke.

... von sich gab und den Blick nicht abwante. Sicher war sicher. Reeyu hatte nicht die Absicht unhöflich oder der gleichen rüber zu kommen, doch hatte er es irgendwie vergessen. Vielleicht wegen seines Buches? Oder einfach nur weil ihm die Person irgendwie Angst machte. Auch konnte er ihn jetzt genauer einschätzen. Er schien wohl eine ganze Menge Geld besitzen ~ Er kam einfach so rüber. Jetzt musterte er einen kurzen Moment die Augenklappe des anderen. Eine Verletzung? Mhm...

Entzückend. Wirklich entzückend, wie der andere brav Gehorsam geleistet und sich tatsächlich ohne Widerworte bedankt hatte. Und nicht nur das, man entschuldigte sich auch noch, sehr possierlich. Das hatte Ciel gerne. Am wohlsten fühlte er sich immer noch, wenn er die Kontrolle hatte, der Überlegenere war und in diesem Moment hatte der junge Vampir gerade jemanden gefunden, mit dem sich sein kleines Spielchen sehr leicht spielen ließ - Opfer und Jäger.
Voralle war das ganze so simpel, weil der Fremde ihm immer wieder Anlass gab weiter zu machen, wahrscheinlich ohne es selbst zu merken. Das nächste war sein unbeabsichtiges Starren gewesen, mitten in Ciel's Gesicht, auf die pechschwarze Augenklappe. Wenn das nicht nach weiterer Einschüchterung schrie.

"Ziehmlich unhöflich so offensichtlich darauf zu starren."

Noch während der junge Graf gesprochen hatte, ließ er zwei seiner zierlichen, blassen Finger über das schwarze Leder wandern, welches sein rechtes Auge versteckte. Seine Mundwinkel waren dezent nach oben gezogen, als wäre er belustigt von etwas, aber nicht in der Lage es auch offen auszudrücken.

Reeyu war schon wieder unhöflich gewesen und hatte den anderen angestarrt. So kam es ihm jedenfalls vor, denn Ciel hatte sich wohl belästigt gefühlt oder sowas in der Art. Heute war echt nicht sein Tag. Sonst war er doch auch nich so..'unhöflich'. Aber er hatte auch noch keinen gefunden der ihm seine Fehler auch gleich auf die Nase band. Warum lies er sich das eigentlich gefallen? Weil er nunmal nicht den Mut dazu hatte sich zu wehren. Die Unsicherheit wurde immer größer. Sollte er jetzt einfach weiter lesen? Nein.

Entschuldige, bitte.

Er senkte seinen Kopf etwas und hielt es für richtig sich ein weiteres Mal leise zu entschuldigen. Er starrte auf den Einband des Buches, dass er mittlerweile zu geklappt hatte und seufze unhörbar, bis er seinen Kopf wieder etwas hob und dem anderen diesmal in die Augen schaute. War das unhöflich? Er wusste es nicht. Wie sollte man sich gegenüber so jemanden verhalten? Weiter als eine Entschuldigung brachte er sowieso nicht raus.

Je länger das Spiel andauerte, desto erheiternder wurde es - zumindest für eines der beiden Wesen. Und Ciel konnte nichtmehr aufhören. Der Geruch Reeyu's ließ ihm schwindelig werden, benebelte seine restlichen Sinne ein wenig. Er wusste, dass er nach dem Aufstehen etwas hätte zu sich nehmen müssen, aber es fiel ihm schwer kurz nach dem Erwachen gleich seinen Nahrungsersatz zu sich zu nehmen, jetzt musste er die Folgen stumm ertragen. Aber vielleicht, ja vielleicht hatte das ganze ja irgendwann einmal positive Auswirkung, wer wusste das schon.

Ah, zum ersten mal sah der Junge ihm direkt ins Auge. Entweder war er plötzlich ganz schön mutig geworden, oder handelte aus Verzweiflung. Wie dieses Gefühl wohl war. Das Gefühl alles falsch zu machen?
Ciel hielt sein 'unsichtbares' Lächeln weiterhin. Er musste ganz schön verwirrend für einen Menschen sein ihm dabei zuzusehen. Diese Zweideutigkeit von Interesse und Abweißung.

"Dein Name?"

Reeyu hatte seinen Blick nicht abgewant um nichts falsch zu machen und es dauerte wieder einen Moment bis er schließlich auf die Frage Ciels antwortete.

Reeyu Akira.

Diesmal war seine Stimme nicht leiser aber doch stockend gewesen. Immerhin konnte man bei seinem Namen nichts falsches sagen, doch jetzt stellte er sich die nächste Frage. Sollte er auch nach dem Namen des anderen fragen? Oder doch nicht? Aber das konnte man doch nicht unhöflich nennen? Das war vielleicht ein bisschen zu viel für den Jungen, doch entschied er sich einfach mal nach zu fragen. Obwohl er sich diesmal keine postive Antwort erhoffte. Aber es ging ja nur um einen Namen.

Darf...ich deinen Namen wissen?

Ob die Frage denn richtig formuliert war? Klang sie auch nicht unhöflich? Zuviel Unsicherheit.

Reeyu. Reeyu Akira. Kein äußerst gängiger Name, wie Ciel selbst nach seinen 144 Jahren Lebenszeit befand. Aber wenigstens hatte er einen Beweis, dass er auch Sätze sprechen konnte, ohne ein 'tut mir Leid' oder 'Verzeihung' dranzuhängen, andererseits hatte es dem Vampir ja doch gefallen. Diese Unsicherheit, Nervosität und Anspannung, zusammen mit dem Gehorsam.

Meinen . . . Namen?

Wäre Ciel nicht Ciel gewesen, hätte er wahrscheinlich nur müde über diese Frage gelächelt, aber das wäre nicht sein Stil gewesen, stattdessen schloss er nur kur sein Auge und als er es wieder öffnete- . . . Also an Arroganz war dieser Blick wirklich nichtmehr zu übertreffen.

Was lässt dich glauben, ich würde ihn dir verraten?

Mit einem dumpfen Geräusch landete das Buch aus Ciel's Hand auf dem kleinen Holztisch vor ihm. Die nun freien Hände verschränkte er ineinander und legte sich gemäß auf seinem Schoß ab.

Warum hatte er sich über diese Frage nicht gewundert? Auch er hatte sein Buch bereits weg gelegt und seine volle Aufmerksamkeit Ciel geschenkt. Sein Buch war mittlerweile garnicht mehr wichtig, denn er musste sich eher drauf konzentrieren nichts falsches zu sagen.

Eigentlich...stellt man sich ebenfalls vor....wenn man den Namen des anderen erfahren hat....

Seine Stimme wurde immer leiser und verstummte schließlich. Hatte er jetzt wieder etwas falsches gesagt?
Musste er sich wieder entschuldigen? Er schluckteund fand es schon schwer genug den Blick nicht ab zu wenden.

Pfiffiges Kerlchen, dumm war er wirklich nicht und scheinbar gut erzogen noch dazu - auch wenn es ja zuerst nicht den anschein gehabt hatte. Denoch gefiel es Ciel nicht, wie Reeyu mit diesen belehrenden Worten zu ihm sprach. Es klang ja fast so, als ob Ciel keine Manieren hätte! In dieser Welt war er nunmal aus einem höheren Stand und dies würde der Vampir sich niemals nehmen lassen. Es war ihm also gestattet nach den Namen eines Menschen zu fragen, ohne dabei seinen eignen nennen zu müssen - er verstieß keinesweges gegen die Etikette.

Einem einfachen Menschen wie dir schulde ich diese Vergeltung nicht . . ., erklang es wieder im eiskalten Ton, als könne Ciel jetzt seine Fähigkeit das Eis zu kontrollieren auch auf seine Stimme übertragen.

Aber wenn du dich dann endlich dazu bekennst mich nichtmehr zu dutzen . . . Ciel. Earl Ciel Phantomhive.

Wie überheblich das klang, Earl. Graf. Als würde Ciel sich für etwas besseres halten, nur weil in seiner Familie adeliges Blut floss.
Ach, ja . . . er hielt sich ja wirklich für etwas besseres.

Arrogant und kalt. Was war das denn eben? Einen einfachen Menschen? War er wirklich einfach. Ja, er war arm, einfach und hatte nicht wirklich irgendentwas zu sagen. Doch irgenwie hatten ihn diese Aussage gerade verletzt. Etwas gekränkt sah er einen kurzen Moment zur Seite und dachte nach. Vielleicht war er einfach gestrickt und konnte, wie er, keinen Adelstitel sein eigen nennen, doch das war gerade nicht nett gewesen. Natürlich war Reeyu selbst viel zu Feige seine Gedanken aus zu sprechen und biss sich deshalb einen Moment auf die Lippe. Jetzt traute er sich erst recht nichts mehr zu sagen. Obwohl Ciel nicht älter als Reeyu aussah sollte er ihn auch noch sietzen. Währe er doch einfach auf dem Boden sitzen geblieben oder hätte sich wenigstens von Anfang an bedankt. Also war es sein Fehler gewesen, der ihn jetzt in diese Situation gebracht hatte und einfach gehen war sowieso unmöglich, denn das war wirklich unhöflich. Nachdem seine Lippe den Geist auf gegeben hatte und vor schmerzen blutete drehte er den Kopf weg und seufze lange. Besser nichts unüberlegtes sagen. Achwas, tat er doch wohl eh schon die ganze Zeit oder nicht? Er hatte einen Graf vorsich sitzen und bildete sich ein er müsse netter zu ihm sein nur weil er dachte alle Menschen wären gleich. Graf hin oder her und überhaupt, diese Person kam ihm überhaupt nicht menschlich vor. Mit der rechten Hand fuhr er sich über den Mund und murmelte dann:

Entschuldigen...sie.

Das 'sie' sprach er kaum hörbar aus, da er es nicht für richtig hielt, sich selbst als etwas besseres zu bezeichnen. Aber er fand es besser sich mit Ciel keine Probleme ein zu handeln. Schon komisch, Reeyu hatte Angst vor einer Person die nicht älter als er sein konnte, zumindest nicht so aussah. Tja, nicht jeder war so nett wie in seinen Märchenbüchern. Ciel gehörte eher zu der Gattung 'böse Stiefmutter ~ oder Graf der die Weltherrschaft an sich reißen wollte'. Immernoch unsicher und mit einem trüben Blick hielt er wieder Blickkontakt zu Ciel und wünschte sich an einen anderen Ort, doch wollte er auch Fragen stellen. Was machte so einer wie er auf dieser Schule? Die Welt war unfair.

Entschuldigung. Verzeihung. Es tut mir Leid. Ciel musste aufpassen, oder er würde sich noch positiv gesinnt daran gewöhnen. Nicht, dass er plötzlich ein Gewissen gegenüber seinen Schikanen von 'niederen Wesen' entwickeln würde, eher wollte er es vermeiden abhängig davon zu werden. Abhängigkeit war ein Zeichen eigener Schwäche und Schwäche hasste der junge Graf am allermeisten. Doch Reeyu machte es ihm nicht gerade leicht sich dagegen zu wehren. Er war wie ein kleines Hündchen, das man nur mit einem bösen Blick tracktieren musste und schon zog es den Schweif ein, sehr belustigend. Und sein Wesen zu brechen war ja sichtlich keine Kunst; er war einfach zu nervös, zu unruhig, zu hilflos. Die Ruhe und die Stabilität der Psyche des Menschen sind unabdingbar für ein zufriedenes, ausgeglichenes und gesundes Leben. Hatte Nietzsche etwa recht gehabt? Wenn ja, musste Reeyu eine äußerst unglückliche Person sein.

Jämmerlich.

Ciel's Feststellung brannte fast vor Nüchternheit. Deshalb waren die meisten seiner Worte auch so verletzend, weil er sie direkt aussprache, ohne Beschönigung, aber auch ohne Spott. Alles was er von sich gab klang so, als müsse es so sein, als gäbe es keine andere Möglichkeit. So, als hätte er Recht. Und wenn er seinen Gegenüber so betrachtete, könnte das durchaus stimmen. Reeyu konnte ihm einfach nicht standhalten, er versuchte es ja nichteinmal. Stattdessen ließ er es an sich selbst aus, kaute solange auf seiner Unterlippe herum, bis er sogar die zarte Haut aufgebissen hatte. Sie blutete. Ciel wurde abermals schwindelig und er musste die Augen schließen. Um sich zu beruhigen rieb er die Zeigefingerspitzer seiner eiskalten Hände gegeneinander und versuchte sich auf die unangenehme Wärme zu konzentrieren, die dabei entstand. Alles war ihm derzeit recht, solange es nur schaffte diesen verführerischen Geruch zu ignorieren. Lag es etwa an ihm? An diesem Menschen allein? Oder hätte Ciel zu dieser Zeit auf jedes Blut so reagiert? Er hatte großen Durst, verdammt großen Durst. Und so oder so waren die Auswirkungen recht erschreckend für den jungen Grafen. Irgendetwas in ihm erwachte gerade zum Leben. Und was auch immer es war, es beschleunigte Ciel's Atem und bereitete ihm Kopfschmerzen. Das tiefblau seiner Augen verblasste ein wenig, ähnelte nun eher einem lilaglänzenden blassblau. Unterbewusst wanderte seine Zunge über die blassen Lippen, verwandelte den Geruch in einen Geschmack. Wahnsinn. Schachmatt. Das Spiel war aus. Und Ciel hatte verloren.

Ohne groß darüber nachzudenken hatte der Vampir sich erhoben, er schwankte leicht, als ob er angetrunken wäre oder seine Sicht benebelt - beides stimme ja in irgendeiner Weise. Er war betrunken. Betrunken von dem Aroma und seine Sicht verschwamm, als er sein nun hellrotes Auge auf den Boden fixierte. Das Buch hatte er vergessen und Reeyu sah er er ebenfalls nichtmehr an, er versuchte nur noch so passabel würdevoll wie möglich abzuschreiten. Nun, das war wohl ein eindeutiger Fehlschlag - was war schon würdevoll daran hastig, mit gebückter Haltung und halbgeschlossenem Auge davonzulaufen, nur um sogleich fast vor einem Regal auf die Knie zu sinken und sich nur mit letzter Mühe daran festzuklammern? Da wären wir wieder bei dem Thema 'jämmerlich'. Ja, in diesem Moment fühlte Ciel sich jämmerlicher den je zuvor in den letzten 100 Jahren.

Bloody hell . . .

Jämmerlich. Reeyus Augen verengten sich und starrte trübe auf den Boden. War er jämmerlich? Unwissend und mit einem langen Seufzen hob schielte er nach oben und beobachtete Ciel. Wollte er gehen? Ging es ihm nicht gut? Dieser war bereits aufgestanden und wollte wohl richtung Aussgang gehen, doch kam er nicht weit, da er bei einem Regal stehen blieb und sich daran stützte. Mit einem seltsamen Gefühl im Bauch sah er ihm nach und überlegte. War er krank? Hatte er sich was getan? Und..sollte er ihm helfen? Vor ein paar Minuten hatte Ciel ihn doch in gewisserweise runter gemacht. Jetzt aber bemerkte man garnichts mehr von seiner Arroganz. Nein, im Gegenteil er wirkte schwach und verletzlich. Reeyu war absolut nicht der Typ der einfach zu sah und ihn in 'Leiden' lies. Auch wenn er sich keine Gegenleistung erhoffte, erhob er sich ebenfalls und lief in die Richtung des Anderen.

Alles in Ordnung?

Er war noch ein paar Schritte von dem anderen entfernt und bewegte sich troz mulmigen Gefühl weiter auf den Grafen zu. Er konnte ihn ja nicht einfach im Stich lassen. Auch wenn dieser nicht wollte das man ihm half oder ähnliches? Reeyus Herz war einfach zu groß egal was Ciel ihm an den Kopf geworfen hatte. Jeder war es wert, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ekelhaft, Ciel widerte sich selbst an. Genau in diesem Moment gab er sich eine der schlimmsten Blößen seines Lebens und das vor einem einfach Menschen. Ob es noch schlimmer werden konnte? Ja, eben weil jener Mensch persöhnlich Schuld an dem Zustand des Vampires trug und nicht nur das - jetzt hatte er auch noch Mitleid! Einen anderen Grund fand Ciel für das plötzliche Interesse an seinem Wohlbefinden nicht. Deshalb war er ihm wohl gefolgt.

Ob alles in Ordnung war, wollte Reeyu wissen. In Ordnung? Nein, nichts war in Ordnung, nicht im geringsten. Wäre alles in Ordnung, dann wäre Ciel nicht an diesem Ort. Nicht an dieser Schule. Nicht in diesem Zimmer und nicht in dieser Lage. Er würde zuhause sitzen, einen Tee trinken, Sebastian anfordern ihm einen Kuchen zu servieren und sich um die Geschäfte der Phantomhive Inc. kümmern. Stattdessen aber klammerte er sich wie ein hilfloses Kind an ein Bücherregal, weil sein eigenes Wesen ihm zur Verhängnis wurde.

Ver . . . schwinde.

Es war überraschend, wenn nicht sogar unheimlich, wie Ciel's Stimme plötzlich an Gefühl gewonnen hatte. Doch klang er nicht wütend, nicht gereizt, eher als ob er Schmerzen hätte und leiden würde. Er brüllte auch nicht, fauchte vielmehr.

Diese Antwort hatte er erwartet. Ihm war klar gewesen, dass Ciel seine Hilfe niemals annehmen würde, so wie er mit ihm geredet hatte. Seine Stimme jedoch, klang garnicht mehr so eiskalt wie sie noch bis vorhin geklungen hatte und Reeyu war sich nicht sicher, ob er an dem plötzlichen Zustand des Grafen Schuld war. Er wollte nur helfen dieser wollte sich nicht helfen lassen. Zwar konnte er sich keinen Reim daraus machen, warum es Ciel so plötzlich schlecht ging doch er leidete. Das konnte man hören.

Verschwinden?

Er wiederholte seine Worte und bewegte sich einfach trozdem weiter auf ihn zu. Diesmal würde er nicht hören, denn er konnte einfach nicht mit ansehen, dass es Ciel so schlecht ging. Jeder andere wäre jetzt gegangen, hätte nicht einmal gefragt, für die Worte die vorhin gefallen waren, doch Reeyu war nicht wie alle anderen. Nichteinmal zu so einer kaltherzigen Person, wie der Graf es war.

Sie brauchen aber Hilfe..
Und irgendwie hab ich das Gefühl, dass es meine Schuld war.
Lassen sie sich bitte helfen.

Es war ein beklemmendes Gefühl für einen Jäger sich von seiner Beute bedroht zu fühlen, sehr einschränkend und schmachvoll. Ciel knirschte nervös mit den Zähnen, bleckte sie angreifend und spannte jeden Muskel in seinem zierlichen Körper an, der kraftlos gegen das Holz gelehnt nach Halt suchte. Auf den ersten Blick schien es als ob er sich im Schatten verstecken würde, aber das bedrohliche Funkeln des blutroten Auges und die scharfen Züge auf dem unerheiterten Gesicht sprachen für sich. Ciel verbarg sich nicht, er warnte.

Dann plötzlich lachte der Vampir auf. Er war ein bitteres Lachen, klang verzweifelt. Hatte Reeyu ihn nicht verstanden? Wollte er ihn vielleicht nicht verstehen? Oder war der Junge einfach nur lebensmüde? Was auch immer es war, es hinderte ihn nicht daran näher zu kommen. Immer dichter rückte er an. Seine Präsenz war für Ciel's Durst, wie Sauerstoff für ein erlischendes Feuer, ein 'Brandbeschleuniger' quasi und je intensiver sie wurde, desto größer waren die Folgen.

Ich brauche deine Hilfe nicht . . .

Deutlicher konnte er sich nicht ausdrücken, nicht in diesem Zustand. Musste er Reeyu etwa zuerst einfrieren, damit er stoppte? Solle er wirklich die Regeln brechen und ihn verletzen? Eine Option war es zumindest und ehrlich . . . rosiger stand es mit der zweiten ebenfalls nicht. Würde man ihm wirklich 'helfen' wollen, dann müsse Reeyu sich schon von Ciel beissen lassen und ihm zur Nahrung dienen. Was dagegen sprach? Ciel's Stolz und die überaus aussagekräftigen Regeln der Cross Akademie. Den Vampiren unter den Nightclass-Schülern war es strengstens untersagt Menschenblut zu trinken - vorallem das derjenger aus der Dayclass - und die Strafe wäre nicht nur ein einfacher Rauswurf.

Natürlich. Er brauchte die Hilfe eines Menschen nicht. Er war ja etwas besseres als Reeyu und brauchte seine Hilfe nicht. Doch seine Worte stimmten mit seiner Fassung nicht ganz zu. Die Reaktion Ciels lies ihn stehen bleiben und ihn unsicher ansehen. Wieso wollte er sich nicht helfen lassen? Was hatte er auf einmal? Reeyu würde zu gern wissen, was der Auslöser war, traute sich aber nicht mehr auch nur noch ein Stück näher zu kommen.

Stimmt ja....sie sind ja etwas besseres als ich.

Er sprach ohne nach zu denken und sein Blick wanderte zu Boden, wie er es so oft heute schon getan hatte und auch ein Seufzen konnte man nicht überhören. Er wollte ihm so gern helfen, sonst würde ihn später sein Gewissen nur plagen und ihm einreden er wäre so wie die anderen.

Soll ich wenigstens Hilfe holen?
Du siehst...wirklich nicht gut aus.

Er hatte bewusst seine andere weg gelassen und sah erwartungsvoll auf. Einen Schritt näher nur einen Schritt bis seine Schritte wieder verstummten. Verdammt wie konnte man nur so stur sein? Wollte Ciel sich etwa selbst verletzen?

Lächerlich. Es war doch offensichtlich, dass er etwas besseres war, schließlich trug er nicht umsonst einen Adelstitel und ein jämmerlicher Mensch war er ja auch nicht. Deshalb würde er auch keine Hilfe annehmen, vorallem nicht von einem sterblichen Geschöpf. Konnte er 'seinen guten Willen' und sein 'Mitleid' nicht an verletzen Tieren ausleben? Oder wenigstens an jemanden, der sie brauchte.

Tu . . . was du willst. Solange du endlich . . . verschindest.

Reeyu schien die Botschaft noch immer nicht ganz verinnerlicht zu haben, er klammerte sich so sehr an die Überzeugung Ciel helfen zu müssen, dass er nichtmal merkte, wie sehr er sich in Gefahr begab. Warum ritze er sich eigentlich nicht gleich den Arm auf und wedelte damit vor der Nase des Vampires herum? Prinzipiell wäre es ja dasselbe gewesen.
Aber auch so machte der Junge ihm genug Probleme. So nahe, viel zu nahe, war er ihm gekommen. Plapperte immer noch von 'Hilfe', die er selbst wohl eher gebrauchen konnte. Ciel musste die Augen schließen, hechelte mit halb geöffnetem Mund nach Luft. Seine rechte Hand war hinter seinem Rücken verschwunden und wurde von einem hauchdünnen Eisfilm überzeugen. Jede Sekunden wurde breitete sich die Eisschichte aus; unbewusst, da Ciel die Fähigkeit nie wirklich kontrollieren konnte.

Renn weg, du dämlicher Narr . . .

Die Stimme des Jungen Grafen war nur noch ein tiefes Knurren.

Reeyu seufze ein weiteres Mal und ging auf Ciel zu, lief aber an ihm vorbei richtung Tür. Er drehte sich noch einmal um und legte den Kopf leicht schief. Der Graf sah wirklich nicht gut aus. Hoffentlich würde es ihm bald wieder besser gehen. Warum er sich das wünschte? Keinem sollte es schlecht gehen. Nichtmal ihm.

Ich werde jemanden bescheid sagen...
Entweder sie bleiben hier oder gehen....gute Besserung.

Mit einem matten Lächeln, dass er Ciel schenkte öffnete er die Tür der Bibliothek und lief hinaus.
Wenn er sich von ihm nicht helfen lassen wollte...konnte er auch nichts tun.

tbc. wer weiß ~